Montag, 11. Juli 2022

Rezension: `Findelmädchen` von Lilly Bernstein

* * * * *

Bewegender Roman!





 



1955, Helga und ihr Bruder Jürgen sind überglücklich, als ihr Vater doch noch aus der Gefangenschaft zurückkehrt und sie nach Jahren in Frankreich zurück nach Köln dürfen.

Doch so einfach, wie sie es sich vorstellen, ist das Leben in der alten Heimat nicht. An die Kriegszeit haben sie noch Erinnerungen, doch bei der Frage, was mit ihrer Mutter passiert ist, da lässt das Gedächtnis die Geschwister im Stich.

Jürgen bekommt direkt eine Stelle bei den Fordwerken, doch Helgas sehnlichsten Wunsch, aufs Gymnasium zu gehen, erfüllt ihr der Vater nicht. Für solche `Flausen` hat er nichts übrig und schickt sie auf eine Haushaltsschule. Im Rahmen eines Praktikums wird Helga im Waisenhaus eingesetzt. Das Leid der Kinder dort und die Kaltherzigkeit der Nonnen gehen ihr sehr an die Nieren.

Helga boxt sich durch, sie hat ein Ziel und will auf keinen Fall auf der Haushaltsschule bleiben, auch wenn sie den Vater enttäuscht. Viele Stunden verbringt sie heimlich mit dem Flüchtling Konradin, und diese Zeit empfindet sie als kostbar. Ihr schmeichelt, dass auch der Mädchenscharm Peter sie zur Freundin möchte. Doch dann geschieht etwas, das ihr, sowieso schon kompliziertes, Leben völlig durcheinander bringt.

In Form von Tagebucheinträgen aus dem Krieg erfahren die Leser mehr über Helgas Mutter, die ja seitdem vermisst wird. Nach und nach kommt auch ans Licht, dass der Vater eine Vergangenheit hat, mit der niemand gerechnet hat.

Lilly Bernstein hat wieder eine fesselnde, herzergreifende Geschichte geschrieben. Durch den flüssigen und bildhaften Schreibstil kann man sich gut in die 50er Jahre hineinversetzen. Erschreckend fand ich, dass zehn Jahre nach Kriegsende die alten Feindbilder immer noch vorhanden sind und sich das auch auf die unschuldigen Kinder auswirkt. Diese Erfahrung muss Helga im Waisenhaus mehrmals machen, vor allem die farbige kleine Bärbel, ein Besatzerkind, hat es besonders schwer. 

`Findelmädchen` ist ein emotionales Buch, bei dem man an manchen Stellen schon mal eine Träne verdrücken kann. Die Charaktere sind sehr gut ausgearbeitet, teils empfand ich sie allerdings fast zu gutherzig.

Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung für diesen wunderbaren Roman!


                               





Ich danke dem Ullstein Verlag für die Zusendung des Rezensionsexemplars.

1 Kommentar:

  1. Liebe Rezensentin,
    einen schönen Blog hast du. Da folge ich doch gleich mal :).
    "Findelmädchen" wird mein nächstes Buch sein und ich bin schon sehr gespannt und freue mich, deine begeisterte Rezension dazu zu lesen. Das vorherige Buch "Trümmermädchen" der Autorin war ein Highlight für mich.
    Ganz liebe Grüße, Steffi

    AntwortenLöschen

Bitte beachtet, dass eure Daten beim Kommentieren für diesen Zweck von Blogger verarbeitet, bzw. gespeichert werden müssen. Wenn Ihr einen Kommentar abgebt, erklärt Ihr euch damit einverstanden.