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Deutsches Haus
Die Frankfurter Wirtstochter Eva arbeitet als Dolmetscherin in einer Agentur. Als sie gefragt wird, ob sie aushilfsweise bei einem Prozess gegen Kriegsverbrecher übersetzen kann, sagt sie zu. Ihre Aufgabe wird sein, Zeugenaussagen ehemaliger polnischer KZ- Häftlinge aus Auschwitz ins Deutsche zu übersetzen.
Evas Eltern und ihr Verlobter Jürgen sind strikt dagegen, doch Eva setzt sich durch und nimmt den Job an.
Dort muss sie allerdings zuhören, wenn die schrecklichsten Gräueltaten geschildert werden. Zuerst will sie das Gehörte nicht glauben, doch es bringt sie täglich mehr durcheinander und plötzlich kommen Erinnerungen in ihr hoch, die sie nicht einordnen kann. War sie als Kind selbst in Auschwitz?
Annette Hess hat es geschafft, den Prozess und die Aussagen so lebendig rüberzubringen und obwohl ich schon sehr viel über die Zeit und die NS- Prozesse gelesen habe, konnte mich der etwas andere, besondere Schreibstil sofort fesseln.
Die Lebensweise von Eva und ihrer Familie, die in den 60er Jahren in Frankfurt wohnen, wird sehr detailgetreu erzählt. An vieles erinnere ich mich selbst aus meiner Kindheit. Da die Autorin nicht in dieser Zeit aufgewachsen ist, gehört eine sehr intensive Recherche dazu, um alles so genau wiederzugeben. Eva gerät in einen inneren Konflikt, weil sie vermutet, dass ihre Eltern viel mehr über den Prozess wissen, als sie zugeben. Trotzdem traut sie sich nicht zu fragen, weil sie Angst vor den Antworten hat.
Eva macht eine Entwicklung durch, von der wohlbehüteten, braven Tochter und folgsamen Verlobten zur erwachsenen jungen Frau, die eine eigene Meinung hat und diese auch durchsetzt.
Ein lesenswertes Buch, das einem wieder das schreckliche Grauen und Unrecht in Erinnerung ruft. Auf der einen Seite die Opfer, die ihr Leben lang an den Folgen leiden, auf der anderen die Angeklagten, die sich auch Jahre später keiner Schuld bewusst sind und keinerlei Mitleid, geschweige denn Reue zeigen.
Eine Geschichte, die den Leser von Anfang bis Ende packen kann.
Ich danke Netgalley.de und Ullstein Verlag für die Zusendung des Rezensionsexemplares.
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