Samstag, 15. Juli 2017

Mit einem Bein im Gefängnis- Frauen im fahrenden Volk





Mit einem Bein im Gefängnis- Frauen im fahrenden
Volk


Armut war um 1800, also in der Zeit, in der die „Räuberbraut“ spielt, durchaus ein Massenphänomen. Noch hatte die industrielle Revolution Deutschland nicht erreicht, mit ihren ausgebeuteten Fabrikarbeitern, Mietskasernen und Elendsvierteln in den Städten, und so ist die Armut bislang vor allem auf dem Land sichtbar, wo Scharen von Hausierern und Bettlern, Musikanten und „Zigeunern“ (damals auch Ägypter genannt), verarmten Handwerkern und Landjuden über die Dörfer zogen. Die meisten waren halbsesshaft, viele auch wohnsitzlos, eine staatliche Armenfürsorge in unserem Sinne gab es in den Landgemeinden nicht. In Krisenzeiten von Missernten und Teuerungen zog wohl über ein Viertel der Bevölkerung wohnsitzlos durchs Land
Auch meine Protagonistin Juliana Blasius gehörte zu dieser „soziale Randgruppe“. Am 22. August 1781 wurde sie als Tochter des Bänkelsängers und Musikanten Hannikel Blasius in Weierbach geboren, ein Dorf bei Idar-Oberstein. Schon als Kind zog sie mit dem Vater und den Schwestern über Land, um sich mit Musik ihr Brot zu verdienen.
Juliana Blasius
Sie waren also Teil des fahrenden Volks, auch wenn sie in einem bescheidenen Häuschen zur Miete wohnten. Wohnsitzlos war die Familie zwar nicht, aber ihr Leben nicht weniger ärmlich: Man weiß, dass sie zeitweise auf Almosen angewiesen war. In diesen Genuss kam man allerdings nur, wenn man in seiner Heimatgemeinde das Bürgerrecht besaß – etlichen aus der Unterschicht blieb dies verwehrt, etwa den Zugezogenen oder den unehelich Geborenen.
Wurde Armut in früheren Jahrhunderten als gottgegeben erlitten und erlebt, immerhin mit dem Anspruch auf Almosen und der tröstlichen Aussicht auf ein gerechtes Jenseits, so hieß es jetzt, mit der Ablösung des Feudalsystems durch den frühen Kapitalismus: Jeder ist seines Glückes Schmied, und wer arm ist, ist selbst schuld! Der Kleinbürger wie der Wohlhabende war mit seinem Urteil schnell bei der Hand: Arbeitsscheue Strolche, herrenloses Gesindel schimpften sie das fahrende Volk und erwarteten von der Obrigkeit strikte Maßnahmen, die da waren: strenge Aufenthaltsgesetze (für Reisen außerhalb der Heimatgemeinde brauchte es Papiere, ebenso wie für jegliches Gewerbe), häufige Passkontrollen, harte Strafen wie Landesverweis oder Arrest. 

 "Wo ist der Pass" von Carl Spitzweg © Museum Georg Schäfer, Schweinfurt
                           


Von Carl Spitzweg gibt es hierzu übrigens ein wunderbar ironisches Gemälde: Ein Gendarm fragt in seinem bairischen Dialekt bärbeißig Musikanten nach ihrem Pass, und einer der Musikanten zeigt auf sein Musikinstrument, einen Bass (siehe Bild).
Auch wenn auf dem Land das Anklopfen an der Tür noch immer zum Alltag gehörte, auch wenn man dort Gaukler und Musikanten durchaus als Abwechslung schätzte und auf Hausierer als Nachrichtenüberbringer angewiesen war – Obrigkeit und Bürgertum trugen einen gut Teil dazu bei, das fahrende Volk zu kriminalisieren und seinen angeblichen Hang zu Sittenlosigkeit, Faulheit und Anarchie zu verteufeln.

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Frauen aus der Unterschicht waren von Verarmung besonders bedroht - als Witwen, als Mütter unehelicher Kinder. Der Verlust des Ernährers bedeutet für sie eine wirtschaftliche Katastrophe, an deren Ende oft das Leben mit Kleinkindern auf der Straße stand, und so gab es unter dem „umschweifenden Gesindel“ tatsächlich einen Frauenüberschuss. Kinder hingegen waren in der Minderzahl, es waren zumeist Säuglinge, die die Frauen mit sich führten. Dies erstaunt nur auf den ersten Blick: Halbwüchsige sorgten weitgehend für sich selbst, und kleinere Kinder wurden den Mütter oft rigoros weggenommen und in private oder staatliche Fürsorge verbracht. Eine Heirat wäre für viele ledige junge Frauen sicherlich ein Ausweg aus dem Landfahrermilieu gewesen, doch die Heiratsgesetze jener Zeit waren streng: Das Mindestalter war hoch (bei Männern zumeist um die Fünfundzwanzig), und es brauchte eine behördliche Genehmigung. Die gab es nur beim Nachweis, dass der Mann wirtschaftlich in der Lage war, eine Familie zu versorgen, was für einen Taglöhner jahrelanges Sparen hieß, und bei „liederlichem Lebenswandel“ wurde die Heiratserlaubnis ohnehin verwehrt. So kam es, dass viele Paare mit Kindern zur Unehelichkeit verdammt waren und sogar aus eben diesem Grund auswanderten.
Aus Selbstschutz schlossen sich die Frauen auf der Straße zu Gruppen zusammen, der karge Besitz passte auf ein Handwägelchen oder in einen Ranzen. Sie lebten von Gelegenheits- und Handarbeiten, Hehlerei oder illegalem Trödel, vom Betteln, Mundraub auf den Feldern oder Kleindiebstählen: Während die eine an der Haustür bettelte, stahl die andere einen Hafen Schmalz aus dem Keller, ein Hemd von der Wäscheleine. Auf der anderen Seite war ein stabiles Beziehungsnetz, auch zu den Dörflern, überlebensnotwendig. Trotz der Nähe zum kleinkriminellen Milieu hatten sie durchaus ihren Ehrbegriff und einen Hang zu bürgerlichen Normen: Man war stolz auf ein schönes Stück Kleidung oder auf die bei der Erntehilfe verdienten Groschen, beim Rasten wurden Strümpfe und Röcke geflickt, die Schuhe mit Schweineschmalz geschmiert.
Waren diese Frauen nun freier als ihre bürgerlichen Geschlechtsgenossinnen? Ein Stück weit sicherlich, unterlagen sie in ihrer Kleingesellschaft doch weniger Zwängen, und die männliche Vorherrschaft fehlte in der Regel. Sie waren aber auch bedrohter durch ihr Leben auf der Straße, litten nicht selten an Hunger und Krankheiten. Manch eine mochte unter diesen prekären Verhältnissen beschließen, noch einen Schritt weiter zu gehen und gegen Geld den eigenen Körper zu verkaufen. Oder aber sich einer Räuberbande anschließen. Wenigstens die Sorge um das tägliche Brot war damit behoben.
Auch Juliana Blasius wollte sich dem alltäglichen Elend entziehen und schloss sich daher aus freien Stücken dem jungen Räuberanführer Johannes Bückler an – nach dem Motto: anderswo ist es allemal besser.

Vielen Dank, liebe Astrid Fritz für diesen ausführlichen Beitrag!!

Mehr über die Autorin findet Ihr auf ihrer HOMEPAGE


Astrid Fritz (c) Wioletta Neiss

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Morgen geht es weiter mit Teil II der Frauen im fahrenden Volk bei Die Rabenmutti


14 Kommentare:

  1. Ich verfolge die geschichte des neuen Romans von Astrid Fritz schon eine Weile. Leide rhatte ich bei LB kein Glück, deshalb versuche ich nun auch hier mein Glück. Der Name Blasius hat bei mir auch noch eine besondere Bedeutung ;) Ich wurde am Blasiustag, am 3.2. geboren =)

    Das Leben der Frau bzw. der Mittel-und Unterschicht, wenn man überhaupt so sagen kann, denn Mittelschicht gab es damals ja eigentlich keine, war alles andere als einfach. Und die Sterberate sicherlich hoch. So hat Juliana Blasius vielelciht gar keine so schlechte Entscheidung getroffen, sich dem Schinderhannes anzuschließen.
    Liebe Grüße
    Martina, die dich schon sehr lange hier verfolgt =)
    Zu deiner FB Seite hüpfe ich gleich mal....

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    1. ...und hab sie auch geteilt! =)

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    2. Herzlichen Glückwunsch, Martina.. Bitte schick mir noch Deine Adresse :-)

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    3. Oder möchtest Du lieber das eBook?

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  2. Eine Räubergeschichte wäre mal was anderes zum Lesen. Bin gespannt wie detailgetreu dieses Buch ist und würde es gerne gewinnen. Deshalb hüpfe ich in den Lostopf.
    Gruß Gabi
    gabigewinnmai(at)web.de

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  3. Hallo,
    deine Buchvorstellung gefällt mir gut und macht neugierig auf das Buch. Ich folge dir über gfc.

    Liebe Grüße, Jutta

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  4. Hey :)

    Danke für deinen interessanten Beitrag :) bin.schon gespannt was noch so kommt in den nächsten tagen :)
    Ich folge dir auf fb ;)
    Liebe grüße Carina

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  5. Ich liebe solche Bücher und würde mich sehr freuen.
    Schönes Wochenende!

    LG Martina

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  6. Ich freue mich total über diese Blogtour & kann die nächsten Tage kaum erwarten. Ich liebe dieses Genre & bin total gespannt auf das Buch <3
    Allein der Titel & das Cover haben mich sofort gefangen genommen!!
    Wie gesagt, ich kanns kaum erwarten mehr über das Buch, dessen Enstehung & über die Autorin zu erfahren.....

    Viele liebe Grüsse Mimi Sipek

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  7. Vielen Dank für diese tollen Hintergrundinformationen. Das Leben damals war tatsächlich völlig anders, die Gesellschaft nicht mit unserer heutigen zu vergleichen. Das vergißt man gerne mal. Ein wirklich spannender Einblick in eine Zeit, die ja eigentlich noch gar nicht so lange zurückliegt.
    Gruß,
    Daniela

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  8. Huhu,

    interessante Informationen. Ich finde die damalige Zeit sehr spannend, bin aber überaus froh in der heutigen zu leben.

    gruß Isbel

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  9. Hallo ,

    Vielen Dank für Deinen interessanten Beitrag.
    Ich bin gespannt wie es weiter geht.
    Ich wünsche Dir schönen Tag :)

    Liebe Grüße Margareta (Stern44 )
    margareta.gebhardt@gmx.de

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  10. HI
    du hast ja auch einen interessanten Einblick in die Geschichte des Buches gegeben.
    Würdest du denn gerne zu dieser Zeit gelebt haben? Und wie gefällt dir selbst das Buch?
    Liebe Grüße
    Nicole

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    1. Manchmal ja, aber dann auch wieder nicht :-) ich bin noch nicht ganz durch mit dem Buch ..LG. Annette

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